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Baugemeinschaften: Stadt muss in Vorleistung gehen

| Presse 

Baugemeinschaften beleben das Stadtbild und fördern die positive Quartierentwicklung, ermöglichen Mitbestimmung von Anfang an und sind günstiger als Bauträgerwohnungen. Das und viel mehr erfuhren die mehr als 30 Zuhörerinnen und Zuhörer von Architekt Matthias Gütschow ausgewiesener Baugemeinschaftsexperte aus Tübingen.

In Tübingen und Freiburg sind die ersten Baugemeinschaften entstanden. „Mittlerweile verfolgen viele Städte diese Wohnungsbaupolitik“, so Gütschow. Das Thema sei längst kein grünes mehr, sondern in der Mitte der Gesellschaft angekommen. In Ravensburg und Konstanz laufen bereits Baugemeinschaftsprojekte, Meckenbeuren steht in den Startlöchern.

Aber was ist überhaupt eine Baugemeinschaft? „Eine Gruppe von Menschen, die zusammen ein Haus nach ihren eigenen Vorstellungen und Ideen eigenverantwortlich planen, bauen und bewohnen“, erklärte Matthias Gütschow in einem Satz. Die Bauwilligen gründen in der Regel eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und haben die Entscheidungshoheit bei der Planung, beim Bauen und allen Verträgen. Nach der Findungs-, Planungs- und Bauphase ist eine Baugemeinschaft rechtlich einer Eigentümergemeinschaft gleichgestellt.

Differenzen und Diskussionen seien in der Anfangsphase einer Baugemeinschaft ganz normal, berichtete Gütschow aus seiner fast 20-jährigen Erfahrung. Aber im Vergleich zur Eigentümergemeinschaft eines Bauträgerbaus fänden die Diskussionen bereits während der Planung statt. Die Zufriedenheit und die Identifikation mit dem Haus und dem Wohnquartier seien am Ende größer. Damit der Prozess reibungslos abläuft, sei es wichtig, einen erfahrenen Architekten oder Projektmanager zu haben, der die Steuerung übernimmt. Im Vergleich zu einem Bauträger spare eine Baugemeinschaft 15 bis 25 Prozent Kosten.

Jede Baugemeinschaft verfolge ein bestimmtes Konzept. Die eine legt Wert auf möglichst günstige Baukosten, die andere auf hochwertige Architektur oder einen hohen Ökostandard, eine weitere verfolgt soziale Ziele und integriert Wohnungen für Menschen mit Behinderungen oder Geflüchtete. Welche Konzepte in einem Viertel gewünscht sind, entscheidet die Stadt beziehungsweise der Gemeinderat. Welche Konzepte letztlich den Zuschlag für das Grundstück bekommen, eine Jury.

 

Ganz wichtig: „Die Stadt muss in Vorleistung gehen“, so der Baugemeinschaftsexperte. „Baugemeinschaften brauchen einen politischen Beschluss, dass Grundstücke für sie zur Verfügung gestellt werden sowie eine Stadtverwaltung und Architekten, die neue Wege gehen möchten.“ Bereits im Frühjahr hatte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag gestellt, die Stadt möge entsprechende Grundstücke bereitstellen. Im Wohnbauprogramm der Stadt ist ein entsprechender Passus aufgenommen worden. „Wir werden am Ball bleiben“, versprach Fraktionsvorsitzende Mathilde Gombert. In der anschließenden einstündigen Diskussions- und Fragerunde ging Matthias Gütschow auf die Anliegen der Zuhörer ein und blieb keine Antwort schuldig. 

 

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Matthias Gütschow erläutert das Für und Wider von Baugemeinschaften.