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Antrag zur Vergangenheit von Max Grünbeck

| Anträge 

Den 75. Jahrestag der Wahl von Max Grünbeck zum Bürgermeister von Friedrichshafen nehmen wir zum Anlass, dessen politische Vergangenheit während des Nationalsozialismus erneut zu hinterfragen. Einen entsprechenden Antrag haben wir heute an die Verwaltung geschickt.

"Es geht um die Notwendigkeit und Wichtigkeit der gelebten politischen Erinnerungskultur. „Nie wieder“ ist genau jetzt", begründet Christine Heimpel die Entscheidung, das Thema nach zehn Jahren erneut aufzugreifen. Damals hatten die Grünen im Gemeinderat keine Mehrheit für ihr Anliegen gefunden.

Hier der Antrag im Wortlaut:

Antrag:

  1. Der Gemeinderat möge beschließen, das Max-Grünbeck-Haus aufgrund der NS-Vergangenheit des Namensträgers, Dr. Max Grünbeck, umzubenennen. Nach der Namensänderung soll eine Gedenktafel über die Umbenennung und ihre Hintergründe informieren.
  2. Der Gemeinderat möge beschließen, dem ehemaligen Oberbürgermeister Max Grünbeck die Ehrenbürgerschaft posthum (symbolisch) abzuerkennen.
  3. Das Porträt von Max Grünbeck im Rathaus soll mit einer entsprechenden Informationstafel versehen werden.
  4. Die Verwaltung wird beauftragt, einen erinnerungspolitischen Prozess zu starten und - falls noch nicht geschehen - zunächst eine Liste von weiteren Persönlichkeiten der Häfler Stadtgeschichte zu erstellen, die
    1. eine aktive Rolle in der Unterstützung des NS-Regimes eingenommen haben.
    2. eine aktive Rolle im Widerstand gegen das NS-Regime eingenommen haben.

Begründung:

In diesem Jahr, genau am 05.12.2023, jährt sich die Wahl von Max Grünbeck zum Bürgermeister und späteren Oberbürgermeister der Stadt Friedrichshafen zum 75. Mal.

Diesen Umstand sowie die politischen Entwicklungen unserer Zeit mit ihren teilweise frappierenden Analogien zu den 1930er-Jahren, nehmen wir zum Anlass das Thema der Umbenennung des Max-Grünbeck-Hauses zum wiederholten Male zu beantragen. Ebenso erachten wir die Beschlusspunkte 2 - 4 als einen wichtigen Beitrag zur politischen Erinnerungskultur.

 

Max Grünbeck – ein Nazi der ersten Stunde

Grünbeck gehörte seit 1933 freiwillig und ohne Not der SS an.

Eine solche Mitgliedschaft, vorausgesetzt, sie war bekannt, wurde von den Alliierten streng geahndet. SS-Mitglieder gehörten üblicherweise zur ersten Gruppe der Belastungskategorien und galten somit als Hauptschuldige.

 

„Betroffene der Gruppe eins (…) waren zu entlassen bzw. nicht einzustellen. Ihr Vermögen war zu sperren, ihre Bezüge waren zu stoppen“ (1)

 

Max Grünbeck - Mit der Lüge ins Bürgermeisteramt

Grünbecks Mitgliedschaften in der SS (1933), der NSDAP (1937) und in weiteren NS-Verbänden wie der Deutschen Arbeitsfront und der Reichskulturkammer waren den französischen Besatzungsbehörden weder bekannt noch wurden sie nach Beendigung der Entnazifizierung beziehungsweise während Grünbecks Amtszeit jemals hinterfragt.

Dass Grünbeck mit einer öffentlich bekannten SS-Mitgliedschaft je eine Karriere als Oberbürgermeister gemacht hätte, scheint aus heutiger Sicht also eher unwahrscheinlich.

Grünbeck hatte zwischen 1936 und 1945 als Legationsrat im Auswärtigen Amt (Handelspolitische Abteilung und Presseabteilung) gearbeitet und damit bei einer Reichsbehörde Karriere gemacht. Eben dieser Reichsbehörde waren Verbrechen gegen die Menschheit nachgewiesen worden.

 

Max Grünbeck – Profiteur der pragmatischen Integrationspolitik für Alt-Nazis

Laut Antwort Grünbecks auf die Klageschrift der Münchener Spruchkammer bezeichnete dieser sich selbst als einen NS-Gegner ‚in enger Verbindung zu Widerstandskreisen‘, wobei er 20 Persilscheine vorbrachte. Zunächst war Grünbeck von der Spruchkammer wie viele damals als „Mitläufer“ eingestuft worden, dank seiner Entlastungszeugen dann aber als „Nazigegner“ straflos entnazifiziert worden (Urteilsbegründung der Spruchkammer München I v. 18.06.1948).

In Verbindung mit seinen eigenen Verschleierungen also profitierte Grünbeck vom Nachkriegs-Pragmatismus Konrad Adenauers, der bereits in seiner ersten Regierungserklärung als frisch gewählter Bundeskanzler im September 1949 verkündete, die Bundesregierung sei entschlossen, „dort, wo es ihr vertretbar erscheint, Vergangenes vergangen sein zu lassen“.

Konkret bedeutete das, dass der Mangel an „geeignetem Personal in Ämtern und Behörden“ dazu führte, dass letztlich die Mitgliedschaft in der NSDAP nicht mehr als Ausschlusskriterium galt und eine Selbstauskunft als „im Widerstand Tätiger“ genügte, um wieder in den öffentlichen Dienst aufgenommen zu werden.

 

Gerade in der heutigen Zeit, in der der Antisemitismus um sich greift und Rechte Parolen wieder zunehmend salonfähig werden, sollte Friedrichshafen ein Zeichen setzen und sich von Max Grünbeck und seinen Machenschaften distanzieren.

 

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Gruenbeck-Max-23.jpg
Max Grünbeck war von 1949 bis 1977 Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister von Friedrichshafen.